Das Main-Barockorchester im Karmeliterkloster Frankfurt am Main, Samstag 26. April 2025
von Dr. phil. Ingo Negwer
Das in Frankfurt am Main ansässige Main-Barockorchester hat sich seit seiner
Gründung vor 25 Jahren zu einem auch überregional angesehenen
Alte-Musik-Ensemble entwickelt. Auftritte u.a. bei den Tagen Alter Musik in
Regensburg, Herne und vielen weiteren Festivals bezeugen sein Renommee. Mit
einer eigenen Konzertreihe in Gießen und Frankfurt bringt es dem Publikum
die Musik des 17. und 18. Jahrhunderts, interpretiert in historischer
Aufführungspraxis, nahe. Unter dem Motto „H2O – Ebb‘ und Flut, Sturm und Flaute“ startete das Main-Barockorchester nun in die Saison 2025. Auf dem Programm standen barocke Orchestersuiten, die sich aus verschiedenen Blickwinkeln dem Thema „Wasser“ widmeten: den Gewässern, den Seeleuten, den Tritonen oder anderen mythologischen Gestalten. Zum Auftakt erklang Antonio Vivaldis dreisätzige Sinfonia zur Serenata „La Sena Festeggiante“ (Die feiernde Seine). Es folgte eine Suite von Matthew Locke aus der Oper „The Tempest“ und die „Airs pour les matelots et les tritons“ aus Marin Marais‘ Tragédie lyrique „Alcione“. Nach der Pause ging es mit französischer Musik, einer Suite aus „Les Fontaines de Versailles“, weiter. Michel-Richard de Lalande schrieb diese Festmusik 1683 anlässlich der Eröffnung der Wasserspiele in den Gärten des Schlosses von Versailles. Abschluss und Höhepunkt des Konzerts bildete Georg Philipp Telemanns „Wassermusik“, die er im Unterschied zu Händels berühmtem Pedant selbst so betitelte. Die „Hamburger Ebb‘ und Flut“ mit ihren zehn zumeist programmatischen Sätzen wurde 1723 anlässlich der 100-Jahr-Feiern der Hamburger Admiralität komponiert. Sie zeigt bei relativ geringer Besetzung (neben Streichern und Continuo 2 Oboen bzw. Blockflöten und Fagott) mit ihrer Virtuosität, ihrem Facettenreichtum und – nicht zuletzt – ihrem Humor Telemanns unvergleichliche Meisterschaft. ![]() (Foto: Ingo Negwer) Das Main-Barockorchester spielte unter der Leitung seines Konzertmeisters Martin Jopp (Violine) durchweg frisch und elegant. Effekthaschende Extravaganzen sind ihm fremd. Stattdessen überzeugt es mit ausgefeilter dynamischer und farbiger Klangbalance. Lockes Suite wurde kammermusikalisch fein, quasi als Consort-Musik mit teils berückenden Piano-Passagen interpretiert. Dass den Musikerinnen und Musikern die historische Aufführungspraxis ein wichtiges Anliegen ist, zeigt sich u.a. im Einsatz eines 8‘ Violone neben dem üblichen großen 16‘. Das kleinere Instrument macht als Partner des Violoncello gerade in Lockes Musik Sinn. Auch zwei Bratschen, in den französischen Werken unabdingbar, geben gegenüber den drei ersten und zwei zweiten Violinen den Mittelstimmen mehr Gewicht. Zu Marais‘ Musik zu „Alcione“ ließ das Main-Barockorchester die Instrumente tanzen. Hier kam auch ein Tambourin zum Einsatz, während die Streicher im Satz „Tempête“ einen wahren Sturm entfesselten. De Lalandes Suite kam hingegen als ruhig dahinfließende Gartenidylle daher, mit einer angenehmen Chaconne als Abschluss. Mit hör- und sichtbarer Spielfreude stürzten sich die Musikerinnen und Musiker auf Telemanns „Wassermusik“. In der Ouvertüre zündeten sie nach einer breiten, majestätischen Einleitung ein musikalisches Feuerwerk. Mit Liebe zum musikalischen Detail zeichneten sie in den nachfolgenden Sätzen die Figuren der antiken Mythologie nach, ließen in der Gigue Ebbe und Flut sich abwechseln und zu guter Letzt „Die lustigen Bots Leute“ mit einer Canarie – und wohl dem einen oder anderen Glas Rum – das Jubiläum der Admiralität feiern. Das Publikum im fast ausverkauften Saal des Karmeliterklosters applaudierte langanhaltend für einen gelungenen Konzertabend und bekam schließlich noch eine Zugabe. ![]() Die nächsten Konzerte der Konzertreihe mit dem Main-Barockorchester: „Seelenfrieden“ am 13.06. in Gießen, am 14.06. in Frankfurt, „Brüder“ am 26.09. in Gießen, am 27.09. in Frankfurt. Weitere Informationen: www.main-barockorchester.de Fotos: Ingo Negwer |
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