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Das Festival der Laute in Weimar, 23.-25. Mai 2025

von Dr. phil. Ingo Negwer


Vom 23. bis 25. Mai 2025 fand in Weimar das Festival der Laute statt. Mit einem attraktiven Programm lockte die Deutsche Lautengesellschaft (DLG) zahlreiche Besucherinnen und Besucher, darunter auffällig viele jüngere Musikfreunde, in die thüringische Residenzstadt.

Erstmals gab es einen Internationalen Lauten-Wettbewerb für Nachwuchsmusiker. Lautenistinnen und Lautenisten, die nach 1994 geboren wurden, waren zur Teilnahme aufgerufen. Acht Bewerber und eine Bewerberin haben sich in einer Vorausscheidung für die Finalrunde qualifiziert, die am Freitag in der Musikschule Johann Nepomuk Hummel ausgetragen wurde: Simon Vander Plaetse (Belgien/Schweiz), Johannes Festerling (Deutschland), Emanuel Treutwein (Deutschland), Daniel Murphy (England), Inés del Río (Spanien), Francesco Zoccali (Italien), Thomas Langlois (Belgien), Yuli Bayeul (Frankreich) und Nik Divall (USA) stellten sich mit einem jeweils 30-minütigen öffentlichen Kurzkonzert der Jury unter Leitung von Nigel North.


Die Teilnehmer des Wettbewerbs (v.l.n.r.): Daniel Murphy, Thomas Langlois, Yuli Bayeul, Nik Divall, Simon Vander Plaetse, Johannes Festerling,
Inés del Río, Francesco Zoccali und Emanuel Treutwein (Foto: Ingo Negwer)

Neben diesem Wettbewerb und hochklassigen Konzerten gab es wieder wissenschaftliche Vorträge, Workshops und einen Meisterkurs. Werner von Strauch gab eine „Praktisch orientierte Einführung in ein zielführendes Bebundungsverfahren“. Francesca Benetti referierte über das selbstbegleitete Lied im historischen Kontext und Petra Poláčková über die Interpretation barocker Lautenmusik auf mehrsaitigen Gitarren. Im Zentrum eines Vortrags von John Griffith stand eine "Neue Enzyklopädie der Tabulatur 1300-1750", die alle bekannten europäischen Tabulaturen für fast vierzig Instrumente umfasst. Schließlich stellte Simona Pociecha ihre kürzlich erschienene Lautenschule für Kinder vor. Hier gab es auch Gelegenheit zu einem Schnupperunterricht.

Am Freitagabend gestaltete Alice Letort das Eröffnungskonzert mit einem weitgehend französischen Programm für Theorbe. Die junge Französin ist den regelmäßigen Besuchern des Festivals der Laute bereits bestens in Erinnerung; 2022 in Basel und 2024 in Seligenstadt konnte man sie mit dem Casulana Lute Consort erleben. In Weimar bediente sie sensibel und klangschön die Theorbe. Nach einem Auftakt mit seltem gehörter Musik von Angelo Michele Bartoletti spielte sie mit äußerst differenzierter Dynamik und beeindruckend kantabler Linienführung Werke u.a. von Robert de Visée, Charles Hurel und Nicolas Hotman.


Alice Letort, Theorbe (Foto: Ingo Negwer)

Der zweite Teil des Abends gehörte der folkloristischen Musik des 16./17. Jahrhunderts. Björn Werner (Gesang), Claudia Mende (Barockvioline und -viola), Erik Wartenthin (Laute, Barockgitarre) und Benjamin Dreßler (Viola da Gamba) – allesamt Mitglieder des renommierten, in Weimar beheimateten Ensembles The Playfords – entführten das Publikum musikalisch in englische Küchen und Tavernen. Mit Liedern und Tänzen aus den Sammlungen von John Playford sorgten sie für eine etwas kleingliedrige, in jedem Fall aber kurzweilig Unterhaltung.


Mitglieder der Playfords (v.l.n.r.): Claudia Mende, Benjamin Dreßler, Erik Warkenthin und Björn Werner (Foto: Ingo Negwer)

Am Samstag stellte die Lautenistin und Komponistin Valeriia Korkka ihre Werke für Laute vor, die kürzlich von der Deutschen Lautengesellschaft publiziert wurden. Anschließend gehörte die Bühne im großen Saal der Musikschule den Preisträgern des Lautenwettbewerbs. Eingangs bedankte sich Peter Croton, Vorsitzender der DLG und künstlerischer Leiter des Festivals, bei der Jury: Nigel North (England), Francesca Benetti (Italien), John Griffith (Australien), Ciska Mertens (Niederlande) und Simona Pociecha (Deutschland) hatten am Vortag die schwierige Aufgabe, die durchweg beachtlichen Beiträge zu bewerten.


Die Gewinner des 1. Internationalen Lauten-Wettbewerbs (v.l.n.r.): Yuli Bayeul, Thomas Langlois und Daniel Murphy (Foto: Ingo Negwer)

Der junge Franzose Yuli Bayeul ist der Gewinner des 3. Preises. Er ließ sich zum Auftakt des Preisträgerkonzerts mit Kompositionen von Luis de Narváez, Charles Mouton und Johann Sebastian Bach hören. Durchweg auswendig spielend, beeindruckte der erst Neunzehnjährige in Narváez‘ „Seys différencias sobre el himno O Gloriosa Domina“ mit souveräner Ruhe und Klarheit. Moutons Prélude und Tombeau de Madame gestaltete er mit melancholischer Zartheit. Seine Virtuosität brachte Bayeul schließlich mit Gigue und Double aus Bachs Suite c-Moll zur Geltung, ehe er seinen Vortrag mit einer Improvisation über "Beautiful Love" ausklingen ließ.

Yuli Bayeul (Foto: Ingo Negwer)

Der 2. Preis ging an Thomas Langlois aus Belgien. Auch er zog mit seinem souveränen Auftritt das Publikum von Beginn an in seinen Bann. Von Dowlands „Forlorn Hope Fancy“ über Michelangelo Galileis Toccata c-Moll und Daniel Bachelors Pavan aus „Variety of Lute-Lessons“ spannte er den Bogen bis hin zu drei Sätzen von Kapsperger. Abschließend setzte Langlois mit zwei kurzen Sätzen von Anthony Holborne, gespielt auf einem metallbesaiteten Orpharion und einer Cister, noch einmal ganz besondere Akzente.


Thomas Langlois (Foto: Ingo Negwer)

Der Gewinner des ersten Internationalen Lauten-Wettbewerbs ist Daniel Murphy. Der Engländer studierte in London bei Jakob Lindberg und zählt bereits zu den gefragtesten Lautenisten seiner Generation. Neben mehreren weiteren Auszeichnungen gewann er 2024 den Wettbewerb La Risonanza der EFFEA (European Festivals Fund for Emerging Artists). In Weimar begeisterte er mit einer durchweg sympathischen Bühnenpräsenz und einer schier atemberaubenden Virtuosität. Frisch und ohne Strenge spielte er Simone Molinaros neunte Fantasie, gefolgt von Daniel Bachelors „En me revenant“ und drei Kompositionen von John Dowland, die er mit einer melancholisch heiteren Gelassenheit interpretierte. Zum Finale des Preisträgerkonzerts brannte Murphy mit einer Auswahl aus Joan Ambrosio Dalzas Lautenbuch ein wahres lautenistisches Feuerwerk ab.


Daniel Murphy (Foto: Ingo Negwer)

Der Abend bot Gelegenheit, einen der international renommiertesten Lautenisten unserer Zeit live auf der Bühne zu erleben. Tatsächlich nutzten zahlreiche Musikfreunde die Gelegenheit, das Konzert mit Nigel North zu hören. Im ausverkauften großen Saal der Musikschule widmete sich der englische Lautenist, der lange in den USA lebte und lehrte und sich nun im belgischen Gent niedergelassen hat, deutscher Lautenmusik aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Im Zentrum des Programms standen Kompositionen und Arrangements von Hans Newsidler. Aber auch der Musik von Hans Gerle, Hans Judenkünig und Simon Gintzler nahm sich North an. Neben Recercari und Tänzen erklangen Bearbeitungen von Vokalmusik u.a. von Josquin des Pres ("Mille regres", "Adieu mes amours") oder von anonymen Vorlagen ("Elslein, liebes Elslein"). Nicht nur von französischen Chansons ließen sich die deutschen Lautenisten der Renaissance inspirieren. Wie später im Barock, schaute man neugierig über die Alpen. Judenkünig veröffentlichte in Wien Tanzsätze von Joan Ambrosio Dalza (Pavana alla Veneziana, Kalata ala spagnola) und Newsidler komponierte mehrere „welsche“ Tänze, u.a. den bekannten „Wascha mesa“ (i.e. Passamezzo). Nigel North spielte all dies mit souveräner Ruhe und Kantabilität. So verlieh er der oft recht spröde wirkenden deutschen Renaissancemusik eine gewisse Eleganz, die ihr sehr gut stand. Er lässt die Musik nicht nur in den Tänzen atmen und schwingen. Mit diesem außergewöhnlichen Programm bot Nigel North sowohl auf seiner sechschörigen Altlaute als auch auf einer neuen Tenorlaute, die an diesem Abend ihre Premiere feierte, ein außergewöhnliches Konzertereignis, das den Zuhörerinnen und Zuhörern sicherlich noch lange in bester Erinnerung bleiben wird.




Nigel North, Renaissancelaute (Fotos: Ingo Negwer)

Am letzten Festivaltag stand Nigel North auch für einen Meisterkurs zur Verfügung. An vier Kursteilnehmer gab er seine reichhaltige Erfahrung weiter, ehe das Festival der Laute am Sonntagmittag mit einem Rezital der Kursteilnehmer zu Ende ging.


Lautenbauer Markus Dietrich im Gespräch mit Ciska Merteans und Michael Lowe (Foto: Ingo Negwer)

Das Festival 2025 war zweifellos eine nachhaltige Werbung für die Laute. Sehr viele Interessierte fanden den Weg in die Musikschule, um die Konzerte und das vielfältige Rahmenprogramm einschließlich der endlich einmal wieder gut bestückten Instrumenten- und Musikalienausstellung zu besuchen. Ein besonderer Dank gilt dem künstlerischen Leiter Peter Croton und Florian Hellbach, der mit großem Engagement für die administrative Organisation verantwortlich zeichnete. – Im kommenden Jahr wird man sich in Göttingen wiedersehen.


Ruhepause an seinem Stand: Lautenbauer Steffen Milbradt mit Hund (Foto: Ingo Negwer)


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