Frankfurter Bachkonzerte, Freitag, 13. September 2024
von Dr. phil. Ingo Negwer
Ausgerechnet am Freitag, dem dreizehnten (September), war Joachim Held zu
Gast bei den Frankfurter Bachkonzerten. Dass dies kein böses Omen sein
sollte, stellte sich schon nach wenigen Lautenklängen heraus, denn der
renommierte Lautenist bot ein ebenso gewaltiges wie überwältigendes Konzert.
Anderthalb Stunden führte er das Publikum ohne Pause von den französischen
Werken des 17. Jahrhunderts über habsburgische Kompositionen hin zu Johann
Sebastian Bach und seinem Zeitgenossen Silvius Leopold Weiss. Die
Spielstätte, das Holzhausenschlösschen, war von den Initiatoren der
Bachkonzerte (sonst eher der Alten Oper verbunden) ideal ausgewählt. Hier
konnte sich der Klang der beiden sensiblen Instrumente, eine elf- und eine
dreizehnchörige Barocklaute, bestens entfalten. Mit Ennemond Gaultiers Suite d-Moll stellte Joachim Held eingangs den von Eleganz und Raffinement geprägten französischen Stil vor. Wunderbar rhetorisch, farben- und kontrastreich, interpretierte er das berühmte „Tombeau de Mezangeau“. Verspielt und tänzerisch schloss die Suite mit den Canaries. Als zweites Werk folgte die Suite F-Dur von Johann Anton Losy. In der Musik des Böhmen macht sich bei aller Prägung durch französische Vorbilder bereits ein italienischer Einfluss bemerkbar. Von der Ouvertüre bis zum Menuett wählte Held durchweg fließende Tempi und brachte damit die melodischen Linien bestens zur Geltung, ehe das Werk mit einer witzig-spritzigen Gigue endete. Für das weitere Programm, in dessen Zentrum nun ausschließlich Kompositionen des 18. Jahrhunderts standen, nahm Held die größere 13-chörige Laute mit einem sogenannten Schwanenhals zur Hand. Auf ihr spielte er zunächst Musik von Johann Sebastian Bach: Adagio und Fuge aus der Sonate g-Moll BWV 1001. Joachim Held, der ebenso informativ wie unterhaltsam moderierend durch das Konzert führte, erläuterte, dass er ganz bewusst ein eigenes Arrangement der ursprünglich für die Solo-Violine komponierten Sätze wählte, anstatt auf die Fuge BWV 1000 zurückzugreifen. Diese ist zwar in einer zeitgenössischen Tabulatur von Johann Christian Weyrauch, einem Bach-Schüler, überliefert, allerdings sind die Eingriffe in die Vorlage erheblich. Bach und der wohl bedeutendste Lautenist der Barockzeit, Silvius Leopold Weiss, trafen sich mehrfach in Leipzig. Ihre Bekanntschaft – Freundschaft? – beruhte auf gegenseitiger Bewunderung und Respekt. Eine Suite von Weiss durfte also in diesem Programm nicht fehlen. Joachim Held wählte die Nummer 49 in B-Dur. Angesichts des ohnehin großzügigen Zeitrahmens des Konzerts verzichtete er auf einige Wiederholungen, beeindruckte aber mit kantablem und expressivem Spiel insbesondere in der Sarabande und mit großer Virtuosität im abschließenden Presto. Als gleichsam krönender Abschluss folgte Bachs Suite BWV 995, die zweifellos ein Originalwerk des Thomaskantors für die Laute und ein Höhepunkt der Lautenmusik schlechthin ist. Joachim Held interpretierte das Werk in der notierten Originaltonart g-Moll und mit tiefgestimmtem 13. Chor. Auch hier überzeugte er mit souveräner Stilsicherheit und differenzierter Gestaltung. Erst nach einer Zugabe, einer frühen Sarabande von Weiss, entließ ihn das begeistert applaudierende Publikum. Anschließend fand man sich im Erdgeschoss des Holzhausenschlösschens zusammen, um gemeinsam mit dem Interpreten bei einem Glas Wein und einem kleinen Imbiss den gelungenen Abend ausklingen zu lassen. ![]() Joachim Held im Frankfurter Holzhausenschlösschen (Foto: Ingo Negwer) |
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